Das Faltblatt

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St.- Wilhadi-Kirche Ulsnis

Im Jahre 1338 wurde die Kirche von Ulsnis dem heiligen St. Wilhadus gewidmet, einem angelsächsischer Priester aus Northumberland, der 772 unter den Friesen missionierte. 778 wurde er Bischof von Bremen.

Die Baugeschichte

Die Baugeschichte historischer Kirchen lässt sich heutzutage oft nur aus alten Rechnungsbüchern von Kirchengemeinden rekonstruieren. Diese liegen für die Kirche von Ulsnis seit 1561 vor.

Der ältere Teil der Kirche ist ein romanischer Feldsteinbau mit Verwendung von rheinischem Tuffstein aus der Mitte des 12. Jh. und somit in Teilen die wohl älteste erhaltene Kirche Angelns. Um 1200 n.Chr. erfolgte nach Westen ein Erweiterungsbau mit bis zu 1 m dicken Mauern.

1655 wurde der Dachstuhl komplett erneuert. Dies ist insofern bedeutsam, als damit auch eventuell Spuren beseitigt wurden, die Rückschlüsse ermöglichten könnten auf die Motive für die Errichtung des romanischen Westteils.

1796 wurde die Kirche erneut erweitert, diesmal um fünf Fach, es entstand der jetzige Ostteil – die Kirche erhielt damit den Charakter einer Saalkirche.

Im Zuge des Bauabschnitts von 1796 wurde die Orgel versetzt und erhielt ihren heutigen Stand über dem Altar.

Die Dacheindeckung war laut einer Reparaturrechnung bereits 1573 eine Pfanneneindeckung. Zwischenzeitlich war das Dach mit Schiefer gedeckt. Inzwischen zieren wieder Pfannen das Dach. 1869 erhielt die Kirche durch den neugotischen „Dachreiter“ mit Turmuhr und Turmglocke ihre heutige Form.

Weitere Veränderungen

1888 erfolgten große Veränderungen. Der Vorbau, das Leichhaus aus dem Jahre 1634, wurde abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Die alten Grabplatten wurden aus der Kirche entfernt. Lediglich das sandsteinerne Wappen (Monogrammkartusche von 1673) des alten Leichhauses wurde im Neubau übernommen (C5 – Pietate et Justitia = König Christian V. von Dänemark, sein Wahlspruch: für Frömmigkeit und Gerechtigkeit).

Der Friedhof

Die Anlage von Kirche und Friedhof bildet ein Rechteck, umgeben von einem Steinwall mit Eichen, mit Zufahrtsalleen und baumumstandenen Vorplätzen im Osten und Südwesten. Das im Osten errichtete backsteinerne Tor mit Wagen- und Gangpforte wurde 1716 errichtet, das Tor ähnlicher Gestalt im Südwesten im Jahre 1772.

Sie finden am südlichen Rand des Friedhofs das Grab des Nobelpreisträgers Otto Diels, der den Preis für seine Leistungen im Bereich Chemie erhalten hat, sowie das Grab eines polnischen Zwangsarbeiters, der in der Gemeinde tödlich verunglückte.

Die Reliefquader

Die Reliefquader im Ostteil der Kirche gehören zu den ältesten und bedeutendsten romanischen Kunstwerken im Lande. Sie befanden sich bei der Entstehung der Kirche an einem anderen Ort. Erst 1796 wurden sie an ihren heutigen Platz versetzt.

Die Reliefquader haben vielfältige Deutungen erfahren. So wurde die Figur des nordöstlichen Eckquaders als tanzende Salome gedeutet, die Verführung zur Sünde; die Figur auf demselben Stein daneben galt als Nymphendarstellung.

Den zweiten Reliefquader, ein Paar, das sich umarmt, haben Kunsthistoriker als Joachim und Anna (die Eltern Marias), als Symbol der Ehe, (weil Hochzeitspaare in vorreformatorischer Zeit am Norderportal vor ihrem Einzug in die Kirche vom Pfarrer gesegnet wurden) oder als Stifterpaar der Kirche gedeutet. Eine andere, scheinbar profane Interpretation ist möglicherweise die Richtige: das älteste Liebespaar von Ulsnis.

Der Historiker Eckardt Opitz (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg) hat sich intensiv mit der romanischen Bauplas-tik Angelns befasst und ist aufgrund von Vergleichen mit skandinavischen Darstellungen, z. B. in Djursland (Dänemark) zu dem Schluss gekommen, dass die Reliefquader im Ostteil der Kirche von Ulsnis Eva, die Schlange und den Sündenfall darstellen und das Paar auf dem Eckquader im Nordosten als Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies anzusehen sind. Geht man davon aus, dass Adam und Eva das erste Paar der Weltgeschichte waren, ist die Annahme, es handle sich bei der Abbildung auf dem Eckquader um das älteste Liebespaar von Ulsnis, geradezu bescheiden.

Die Bildsprache des 12. und 13. Jahrhunderts ist uns heute fremd. Dem mittelalterlichen Kirchenbesucher war sie begreiflich. Ihm wurden die Sündhaftigkeit des Menschen und die Überwindung des Bösen durch Jesus Christus vor Augen geführt. Wenn Eva als Frau und Schlange zugleich, aber auch als Symbol der Verführung gezeigt wird, war dies genauso verständlich wie die Darstellung der Angst nach dem Sündenfall. Das Paar ist bekleidet, fürchtet sich und sucht Schutz beieinander. Nur durch das Bekenntnis zu Jesus Christus kann der Sündenfall überwunden werden. Dazu bedarf es des Akts der Taufe.

Das Süderportal

Die ersten christlichen Gotteshäuser waren Taufkirchen. Spuren davon haben sich in Angeln, so in Ulsnis, erhalten. Wer sich zu Christus bekennen wollte, betrat die Kirche durch das Nordertor, wurde am Taufbecken, das sich ursprünglich genau zwischen den Portalen befand, getauft und trat nach Süden hinaus ins Licht. Deshalb ist das Südertor in besonderer Weise geschmückt.

So gibt es über der Tür ein „Tympanon“ (geschmücktes Bogenfeld). In Ulsnis besteht dieses aus schwarzem Tuffstein, der aus dem Rheinland importiert werden musste und deshalb besonders kostbar war.

Während bei den meisten Tympana über Südertoren in Angeln Christus dargestellt wird, der die Kirche begründet, indem er Petrus den Schlüssel und Paulus das Buch übergibt, begegnet uns in Ulsnis eine bemerkenswerte Variante: Der Betrachter wird mit dem zweiten großen Sündenfall und seiner Überwindung konfrontiert, mit der Geschichte von Kain und Abel.

Auf der linken Seite sehen wir Abel, den Hirten, mit seinem Opferlamm; rechts erkennen wir Kain, den Bauern, mit der Garbe, der – und das ist das Besondere an dieser Darstellung – vom Teufel geschoben wird. In der Mitte thront Christus mit dem Buch im Schoß; er wendet sich segnend Abel zu.

Links und rechts vom Eingang, unterhalb des Tympanons, sehen wir Tiergestalten aus rotem Granit. Auf beiden Seiten befinden sich Löwendarstellungen.

Rechts der Löwe als Symbol für die Kraft des Bösen. Er ist im Begriff, den Menschen zu verschlingen, den er zwischen seinen Pranken niederdrückt. Dieser wehrt sich, indem er ihm sein Schwert in den Rachen stößt. Aber es hilft ihm nichts mehr.

Die Löwendarstellung auf der linken Seite scheint nur auf den ersten Blick das Gleiche darzustellen: Die Geste des Löwen, wie er den unter ihm knienden Menschen umfasst, wirkt hier eher beschützend.

In Verbindung mit dem Tympanon ergibt sich der Sinn: Christus verwandelt die Kraft des Löwen vom Bösen zum Guten.

Diese Doppeldeutung des Löwen ist im Mittelalter in ganz Europa verbreitet; Beispiele finden sich in unserer Nähe u.a. in Schleswig, Munkbrarup und Nieblum (Föhr).

In Ulsnis sehen wir am linken Türpfosten noch ein Drachenrelief, das drohend daran erinnert, dass die Macht des Bösen auch für den Christen noch als Gefahr in der Welt bestehen bleibt und stets aufs Neue überwunden werden muss.

Der Innenraum

Im Innenraum sind die Erweiterungen der Kirche 1796 nach Osten an der Deckenhöhe abzulesen. Die romanischen Teile besitzen eine Holzbalkendecke, der Ostteil eine höher liegende Bretterdecke.

Die Empore im Westteil, auch Knechteboden genannt, ist die ältere. Das Stützenwerk wird auf das 17. Jh. datiert; die Nordempore mit der Treppe ist vermutlich 1784/85 angebaut worden.

Die Sitzplätze waren einer strengen Ordnung unterworfen. Männer und Frauen saßen getrennt – wie wir es heute noch von den Synagogen kennen – Jungen und Knechte saßen ebenfall für sich im oberen Sitzbereich, daher die Bezeichnung „Knechteboden“. Die Kirchenstände hatten feste Plätze.

Es bestand die Möglichkeit, sich in der Kirche bestatten zu lassen. Dieses Anrecht konnte durch eine "Stiftung" erworben werden. Die noch vorhandenen Grabplatten sind die der Familien Nissen und Lorenzen; sie stehen heute außen an der Ostseite der Kirche.

In der Zeit von 1979-81 fand die letzte Generalrenovierung statt – dabei erhielt die Kirche auch den jetzigen Fußbodenbelag. Der ursprüngliche Fußboden aus romanischer Bauzeit bestand aus kleinen Pflastersteinen.

Die Ausmalung

Im Bereich des zugemauerten Nordertores wurden 1935 Reste einer Wandbemalung freigelegt. Erkennbar ist die Hälfte eines Königswappens sowie Teile von Figuren. Die Malerei ist barocken Ursprungs, aus der 2. Hälfte des 17. Jh., wahrscheinlich 1673, denn in diesem Jahr wurde der Innenraum der Kirche laut Rechnungsbüchern neu gestrichen. Der jetzige Anstrich ist von 1980 und orientiert sich an klassizistischen Vorbildern.

Der Taufstein

Der Taufstein gehört zur Gruppe der der Löwentaufsteine, die aus heimischem Granit im 12. Jahrhundert gefertigt wurden und als die ältesten im Lande anzusehen sind. Dargestellt sind zwei Löwenköpfe, sie verweisen auf die Überwindung des Bösen durch die Taufe und stehen damit in Verbindung mit der Darstellung am Süderportal.

Jahrzehntelang (evtl. seit 1888) wurde der Taufstein bei einem Schmied und bei einem Landwirt zweckentfremdet, 1930 holte ihn der damalige Pastor Loos zurück in die Kirche an den heutigen Platz. Die Taufschale stammt wahrscheinlich aus dem Jahre 1803.

Das Triumphkreuz

Das Kreuz stammt aus dem späten Mittelalter und hängt an dieser ungewöhnlichen Stelle, weil die Orgel keinen anderen Platz zuließ.

Ritter St. Georg

Der Legende nach war Georg (hierzulande „St. Jürgen“) im 4. Jh. ein römischer Offizier, der wegen seines christlichen Glaubens getötet wurde. In der alten und byzantinischen Kirche wurde er sehr verehrt und gehörte zu den beliebtesten Motiven byzantinischer und russischer Ikonenmaler. Im Mittelalter kam dieser Kult durch die Kreuzfahrer auch nach Europa. Neben der Darstellung als Ritter gab es die Überlieferung des heiligen Georg als Drachenkämpfer und in dieser Form wurde er in der Kunst des Westens vom 12. Jh. an fast ausschließlich dargestellt.

Diese spätgotische Figurengruppe stammt aus dem Anfang des 16. Jh. Sie stand früher im Leichhaus, wurde ca. 1880 nach Flensburg ausgeliehen und in Pastor Loos’ Amtszeit um 1930 nach Ulsnis zurückgeholt.

Altar und Kanzel

Wie es heute noch in katholischen Kirchen Brauch ist, hatte auch diese Kirche ehemals mehrere, wahrscheinlich zwei Altäre. Noch 1506 weihte der Bischof Detlev zu Schleswig zwei Altäre. 1803 wurde der Altar vollkommen erneuert.

Die alten Altäre wurden stückweise verkauft. Lediglich ein Inschriftbrett ist noch in der Gemeinde vorhanden. Der neue Altar wurde von dem Bildhauer Jörg Schmädl gefertigt. Er schuf ein klassizistisches Rahmenwerk mit Doppelpilastern, Gebälk und Aufsatz. In der Mitte ist das Altarbild, die Darstellung des heiligen Abendmahls von J. P. Goos, ebenfalls von 1803. Die Altarschranken gehören ebenfalls zu diesem Neubau von Schmädl.

Die barocke Kanzel ist aus dem Jahre 1673. Sie stellt einen fünfseitigen Korb dar mit gedrehten Säulen, Ohrmuschelwerk und gemalten Standfiguren in den Feldern. Zugehörig ist ein sechseckiger Schalldeckel mit Engelsköpfen. Ehemals war auch eine Sanduhr vorhanden, die dem Pastor anzeigte, wie lange er schon gepredigt hatte.

Die Orgel

Die Orgel wurde 1785/86 von Johann Daniel Busch aus Schaalby gebaut.

1798/99 wurde die Orgel vom Westteil in den Ostteil umgesetzt und erweitert. Sie bekam ihren Platz über dem Altar. Der Flensburger Orgelbauer Jürgen Heinrich, genannt Angel, erweiterte die Orgel um ein selbstständiges Pedalwerk, für das er die zwei großen äußeren Pedaltürme anfügte.

Laut Rechnungsbüchern ist spätestens seit 1682 eine Orgel vorhanden gewesen. Dies wäre eine der ältesten Orgeln Angelns. Das Gehäuse dieser älteren Orgel befindet sich heute in Brodersby.

Weiterführende Informationen entnehmen Sie bitte dem Faltblatt zur Orgel.

Der Glockenturm

Er wurde, vermutlich im 16.Jh., auf einem bronzezeitlichen Grabhügel errichtet.

Er enthält drei Glocken. Aus dem Jahre 1569 ist die erste Rechnung für eine Glocke überliefert. In den folgenden Jahrhunderten mussten mehrmals Glocken umgegossen werden, weil sie Sprünge bekamen.

1815 stellte man Bänke am Turm auf, 1850 erfolgte die Dacheindeckung mit Schindeln. Der Steinwall am Glockenturm wurde von 1853 bis 1857errichtet.

Spendenkonto

Förderverein der Kirche zu Ulsnis: Konto 402664 | BLZ 215 663 56 | Volks- und Raiffeisenbank Süderbrarup. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!

Wir danken Herrn Professor Eckardt Opitz für seine Hinweise und Mitarbeit und Herrn Reinhard Scheiblich für seine Fotos.

Redaktion: Richard Krohn, Johanna Heyland & Frank Walensky-Schweppe. Stand: Mai 2008.